Alle Jahre wieder …
Auch in diesem Jahr versammelten sich am 18. Januar um 11 Uhr am bekannten Treffpunkt Rumpffsweg 27 / Ecke Dobbelersweg wieder einige hartgesottene Literaturfreunde, um Arno Schmidts 105. Geburtstags zu gedenken.
»Hamburg war für Arno Schmidt zweifellos ein zentraler Ort« schreibt Joachim Kersten im Vorwort seines Buches Arno Schmidt in Hamburg. Das elektronische Findmittel eBA – ein Geburtstagsgeschenk der Arno Schmidt Stiftung an alle Arno-Schmidt-Leser*innen – wirft bei Eingabe des Suchbegriffs »Hamburg« 359 Treffer aus, was die Bedeutung der Geburtsstadt Arno Schmidts im Werk nachdrücklich unterstreicht. In Abend mit Goldrand lässt Schmidt die Romanfigur »A&O« in Bild 43 allerdings einschränkend sagen:
»Vorausgeschickt muß werd’n, daß ›mein‹ Hamburg nichts mit der gängijen Vorstellung des Reisenden, oder der des hundertprozentijen Hambürgers, zu tun hat: Hafen, Alster, Rathausmarkt, City=allgemein – (obwohl ich das selbstrednd auch geseh’n habe!) – waren für mich Nebensache, unbedeutend, ein selten erblickter lärmender Rand« (BA IV/3, 228).
Der Einladung des Stadtteilarchivs Hamburg-Hamm waren diesmal vierzehn Unentwegte gefolgt. Wolfgang Zimmermann begrüßte die Anwesenden und referierte über den Anlass der Zusammenkunft, zu Schmidts Geburt und Kindheit in Hamburg-Hamm sowie über den weiteren Werdegang des Jubilars. Die Einstellung Arno Schmidts zum Dasein als Künstler fasste er zum Abschluss mit einem Zitat aus Seelandschaft mit Pocahontas zusammen: »[…] der Künstler hat nur die Wahl, ob er als Mensch existieren will oder als Werk; im zweiten Fall besieht man sich den defekten Rest besser nicht« (BA I/1, 395). Sodann wurde zum traditionellen Toast wieder Schnaps ausgeschenkt.
Anschließend folgten die Teilnehmer*innen (es war auch eine Frau dabei) der Einladung ins Stadtteilarchiv Hamburg-Hamm, um sich bei Tomatensuppe, Brot und Getränken aufzuwärmen. Nach dem Essen informierte Wolfgang Zimmermann die Anwesenden über den neusten Stand der von ihm ›beackerten‹ Themen (Entwicklungsfälle Rübezahls im Schauerfeld, Ernst Foerster, vgl. Geburtstagstreffen 2018). Zum »Schauerfeld-Narrativ« Arno Schmidts aus Zettels Traum werden weiterhin Informationen zu anderen Entwicklungsfällen, wie zum Beispiel zu Jára Cimrman (vgl. Geburtstagstreffen 2018) gesucht. Arno Schmidts Englischlehrer Ernst Foerster betreffend verwies Zimmermann auf seinen Artikel »Ernst Foerster. Bericht einer Spurensuche« im »Schauerfeld« (2018, Heft 3–4). Reaktionen und Anmerkungen zu diesem Artikel sind Herrn Zimmermann sehr willkommen. Ferner berichtete er noch, dass Roland Burmeister, der Begründer der Geburtstagstreffen, am 2. April 2018 verstorben ist. Ihm verdankt das »Schauerfeld« übrigens seine Titelgrafik.
Zum Abschluss der Veranstaltung las Peter Walther das Kapitel »Dichtergespräch im Bordell« aus seinem druckfrisch bei BoD erschienenen Buch Herrgott zwo null. Ein haidnisches Symposion. Es handelt es sich dabei um eine absurde Hommage an Arno Schmidt, Charles Bukowski, Gottfried Wilhelm Leibniz, Ada Lovelace und die Norddeutsche Tiefebene. Die gezielte Suche nach Bordell-Szenen bei Arno Schmidt mithilfe der eBA zeitigte auch hier Erfolge und brachte u. a. ein Zitat aus Das zweite Programm hervor, in dem der »Künstler« klagt: »Und wenn Einer redlich & künstlerisch schildert, wie’n Mensch gemacht wird, bestrafen se’hn wegen ‹Obszönität›. Und gehen anschließend hin, in’n Puff; oder beschnuppern die Sättel von Damen=Fahrrädern […]. « (BA II/3, 27).
Gegen 13:50 Uhr löste sich die Versammlung langsam wieder auf, zuvor wies Herr Zimmermann allerdings noch auf den bevorstehenden, alljährlich stattfindenden Stadtteilrundgang »Auf den Spuren Arno Schmidts in Unten-Hamm« am 2. Juni 2019 hin, zu dem er alle Anwesenden herzlich einlud. Angekündigt wurde außerdem, dass an dem darauffolgenden Tag, Arno Schmidts 40. Todestag, in Hamburg-Hamm in diesem Jahr eine weitere Veranstaltung geplant sei und dass sich das monatlich stattfindende »Geschichtscafé« am 4. Juni ebenfalls mit einem auf Arno Schmidt bezogenen Thema beschäftigen werde. Arno-Schmidt-Leser*innen können also drei tollen Tagen im Juni entgegenfiebern.
Martin Möller
Hinweis: Am 2.6. findet ein Rundgang, organisiert durch Stadtteilarchiv Hamburg-Hamm statt. Die Veranstaltung zum 40. Todestag Arno Schmidts kann jedoch wegen des Umzugs von Kulturladen und Stadtteilarchiv in neue Räume nicht angeboten werden.